Festrede zum 50j. Jubiläum des Landesverbandes (LiBK Bayern e.V.)
am Samstag, 4. Oktober 2008
Sehr verehrte Damen, meine Herren, sehr geehrte Ehrengäste!
Ich freue mich, heute so viele liebe und vertraute Gesichter vor mir zu sehen, um uns Mittelfranken und Altbayern in schwerer Zeit bei zu stehen. Nie zuvor haben wir ein Jubiläumstreffen mit solch vielen Turbulenzen gefeiert:
1983 blies uns die Feuerwehrkapelle Leutershausen den Marsch von Fritz Schwarze: „In Treue fest“. Daran wollen wir uns auch heute klammern; denn….ein bedeutender Minister-, nein -präsident dieses Landes…fehlt uns!!!
Ja, es geht schlimm zu. Bayern München gewinnt nicht mehr, verliert sogar gegen Hannover 96 und Werder Bremen. Aber das Schlimmste: Unser Club in Nürnberg spielt nicht für den Aufstieg, sondern gegen den Abstieg.
Eine sehr aufregende Zeit ist also angebrochen …
Aber nun zum eigentlichen Thema, dem Streben nach Vollkommenheit, nach Zufriedenheit oder ganz einfach nach Selbstsicherheit und beruflicher Standortbestimmung.
Viele Berufe in unserer heutigen Welt haben ein bedeutendes Alter, also eine lange Geschichte hinter sich. Das erhöht natürlich auch die Chance, dass sie sich im Laufe ihrer Geschichte vielfach verändert haben. Manche sind sogar ganz verschwunden oder zur Bedeutungslosigkeit abgestiegen; sie leben dann nur noch als Namen oder in der Erinnerung weiter. Andere sind aber im Laufe ihrer Geschichte nicht nur verändert worden durch äußere Einflüsse - Veränderungen der Wirtschaft oder Wandlungen der Kultur.
Es gibt außerdem Berufe, bei denen eine ganze Reihe von Vorstellungen seit Urzeiten mitspielen, von denen man annehmen sollte, dass sie mit dem Beruf als solchem gar nichts zu tun haben.
Das trifft ganz besonders für den Friseurberuf zu, wenn wir ihn als umfassende Bezeichnung für die pflegerische Behandlung des menschlichen Haupt- und Barthaares oder auch der Haut betrachten, gleichzeitig als Erfinder und Hersteller oder Vertreiber von Kosmetika.
Es scheint, dass die Menschheit schon seit Urzeiten eine Menge sehr variabler Vorstellungen mit dem Haupthaar und Bart des Menschen etc. verbunden hat. Die Menschen haben also von alters her versucht, ihre Sehnsüchte und Wünsche durch pflegerische Behandlungen und Schönheitsmaßnahmen zu erfüllen.
Von den Ägyptern bis zu den Germanen ging es um Schönheit, Gewinn, Anerkennung, Glück, Zufriedenheit… genau wie heute.
Wir wissen, --- die Ausbildung von Lehrlingen war seit dem Mittelalter eine wichtige Maßnahme zur Weiterentwicklung von Handwerksberufen. Die Ausbildungsrichtlinien bestimmte der ausbildende Betrieb. Das Berufsschulwesen entwickelte sich viel später…und damit auch der Berufsschullehrer…
(lt.Taschenkalender für Deutschlands Barbiere, Friseure und Perückenmacher aus dem Jahre 1905 = Verleihung des Zunftrechts an die Barbiere 1548)
Nach dem 2. Weltkrieg bildeten die sog. „Fachlichen Vorschriften zur Regelung des Lehrlingswesens im Friseurhandwerk“ den Leitfaden, auch für die Berufsschulen. ….----- Soviel in Kürze zur Entstehungsgeschichte!
In den Berufsschulen unterrichteten ausschließlich neben- und hauptberufliche Friseurmeister. So entstand eine enge Beziehung zwischen Betrieb und Berufsschule. Und natürlich auch mit den Landesinnungsverband.Ich möchte diese Zusammenarbeit hier ausdrücklich würdigen, weil noch weit bis ins 20. Jahrhundert hinein eine enge Verzahnung vor allem mit dem Landesinnungsverband des bayerischen Friseurhandwerks und seinem damaligen Geschäftsführer Heinz Dauerer bestand. Unser Dank gilt deshalb insbesondere dem Landesinnungsmeister Herrn Andreas Popp. Mit dem Entstehen von einstmals Fortbildungs- später dann Berufsschulen etablierten sich an diesen Schulen auch an Hochschulen ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer. Der dickbandige Werk „Der Friseur“ von Konrad Knöss aus Köln begründete die Fachdidaktik in Theorie und Praxis.
Schon vor dem 2. Weltkrieg war in manchen Landesteilen des damaligen deutschen Reiches von Zusammenschlüssen der Lehrer die Rede.
Allerdings entstanden die ersten offiziellen Arbeitsgemeinschaften gleich nach Ende des Krieges in Norddeutschland.
(Begrüßung der norddeutschen Landesfürsten: Henning Wilke, Gerd Krüger,
+ Bundesvorstand (Kathrin Wiesner, Klaus Neugebauer, Werner Dannhard)
Als ich 1965 Mitglied in der damaligen ArGe Bayern wurde, bestand Aufbruchstimmung allerorten. Die friseurkosmetische Industrie, also die Herstellerfirmen von Kosmetika interessierten sich für die Berufsschullehrer. Sie luden die Lehrer ein und informierten über ihre Produkte. Es wurden gemeinsam Lehrmittel und Lehrpläne entwickelt. Dem Betrieb die Praxis - der Schule die Theorie, so lautete immer die Devise. In allen Plänen wurde ausschließlich auf Fachkompetenz gebaut: Frisieren, Formen, Schneiden war die klassische Thematik in den Lehrplänen und in der AO. In der Fachtheorie lehrte man anorganische und organische Chemie, Biologie, medizinische Aspekte bis hin zu anatomischen und dermatologischen Fragestellungen. Heute haben sich weitere pädagogische Betrachtungsfelder aufgetan: Man verlangt Kompetenzen: Handlungs- oder Sozialkompetenz ….
Entsteht heute wirklich ein anderes Berufsbild des Friseurs? Er muss die Menschen überzeugen, ihnen Selbstvertrauen einflößen, sie anziehend machen, ihre Umgebung beeinflussen….
Wer das kann, der muss, selbstsicher auftreten, natürlich wirken, fachkompetent sein. Kurz, neben einer manuellen Höchstgeschicklichkeit, einer fachlich einwandfreien Beratung ist eine humanistische, eine neusprachliche und eine kaufmännische Ausbildung notwendig. Zudem muss der junge Mensch medienresistent sein, sich modisch aufgeschlossen zeigen und Mode kreieren. Ab 1. 8. 2008 muss der Absolvent dieses Berufes während der praktischen Prüfung ein situatives Fachgespräch, dazu später ein Beratungsgespräch führen und er muss u.a. schriftlich zu den Bereichen Betriebsorganisation und Kundenmanagement Stellung nehmen. Das ist ein Anforderungsprofil wie es für kaum einen anderen Beruf gefordert wird. Welcher junge Mensch kann das leisten???
Bevor ich auf weitere Ausbildungsfragen eingehe, belassen wir es zunächst mit dem Hinweis:
Die neue AO und der neue Lehrplan wird’s schon richten….
Versetzen wir uns kurz zurück ins Jahr 1959…
„He Hans, wie war das eigentlich damals?“ ertönt ein Zwischenruf.
Gemeint war Hans Rahn, Gewerbeoberlehrer in Nürnberg, der auf Nachfrage anlässlich einer Tagung der Vorstände der zurzeit bestehenden Vereinigungen der Fach- und Gewerbelehrer für das Friseurhandwerk im Bereich der Landesverbände Ende März 1959 in Wassertrüdingen (Fa. Schwarzkopf) wie folgt zu plaudern beginnt. Hans erzählt: „Am 12. Mai 1958 trafen wir uns in Nürnberg. Der LIV hatte dies Treffen organisiert. Wir waren über 30 lebhaft diskutierende Fachlehrer, Friseurmeister und Gewerbelehrer. Nach langer Diskussion einigten wir uns: Wir wählten den Vorsitzenden Fachlehrer Karl Heinz Lechner aus Augsburg und mich als Stellvertreter. Eine wichtige Entscheidung wurde getroffen: Nur wer in Friseurklassen als Gewerbelehrer unterrichtet darf Mitglied im Verband werden. Schon nach einem Jahr, also heute haben wir bereits 70 Mitglieder, die einen Beitrag von 1,00 DM pro Monat zahlen. 2/3 aller Mitglieder waren nebenberufliche Friseurmeister.“ Soviel zur Gründung unseres heutigen Jubilars:
“Lehrer im Berufsfeld Körperpflege – Landesverband Bayern“.
Sehr verehrte Damen , meine Herren,
es war damals eine Arbeitsgemeinschaft entstanden, die vielen Kolleginnen und Kollegen (Studienräten, Fachlehrern und auch nebenberuflichen Friseurmeistern) half, ihr Betätigungsfeld besser zu erfassen.
Die Ziele der Arbeitsgemeinschaft haben sich seither nicht verändert: Lehrerfortbildung, Informationen über Lehr- und Unterrichtsmittel weitergeben, Austausch von Erfahrungen zur Optimierung des Berufsschulunterrichts usw.
Die Wegbereiter dieser 50jährigen Entwicklung sind untrennbar mit den Namen Conrad Knöss, Köln und Prof. Dr. Lehmberg, TH Darmstadt verbunden.
Prof. Lehmberg war viele Jahre Bundesvorsitzender des Bundesverbandes der Lehrer im Berufsfeld Körperpflege.
Mit welcher Begeisterung die damaligen Fortbildungsangebote angenommen bzw. beurteilt wurden zeigt ein Beitrag in der Nordwestdeutschen Friseurzeitung:
Eine merkwürdige Sorte Menschen tagen…
„Die berufsbildenden Lehrer sind eigenartige Menschen, sie schimpfen nicht auf die heutige Jugend, sie haben keinerlei Aussicht, durch ihre Arbeit Reichtum oder nur Wohlstand zu erwerben. Sie werden viel häufiger angegriffen als unterstützt – und doch tun sie ihre Arbeit mit frohem Mut und sind von ihrer Aufgabe wie besessen. Das kommt, weil sie glauben, dass in jedem jungen Menschen ein guter Kern steckt, den sie pflegen und entwickeln wollen…“
Solche Tagungen wurden in den vergangenen 50 Jahren alljährlich mehrmals durchgeführt.
An unzähligen Wochenenden haben sich die Lehrkräfte zum Meinungsaustausch etc. getroffen.
Einige Kuriositäten aus den Anfängen…
Als im Jahre 1957 die „saure Dauerwelle“ den Markt erobert und Rosemarie Nitribitt ermordet wird herrscht immer noch Totenstille bei den Berufsschullehrern oder den Verbänden. Nein, nicht so ein Lehrer fand sich in den Aufzeichnungen der Rosemarie. Es waren angeblich hochgestellte Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, die nie genannt oder bekannt wurden. Wie manchmal auch heute noch…
Da macht sich Nachdenklichkeit breit, man hat ja schließlich völlig umzudenken. Zudem beschäftigte sich der Lehrer mit den neuen Richtlinien zur Lehrlingsausbildung. Wahrscheinlich hat sich auch das Jahrzehnt der Hüte - wie die 50er Jahre genannt werden – ebenso negativ auf die Aktionsbereitschaft der Friseurlehrer ausgewirkt. Immer erst den Hut liften??? Als dann erste Jeans, die sog. Nietenhosen 1958 herauskommen, man trägt sie nur in der Freizeit, da treffen sich unsere Bayern im Nürnberger Reichshof zur Gründungsversammlung. Aber keiner der Anwesenden trägt Nietenhosen.
Als Günter Grass die Blechtrommel veröffentlicht - Wella hat inzwischen den Tönungsfestiger „Accord“ zum Anstreichen der Haare herausgebracht – und als Heinrich Lübke Bundespräsident wird, schreiben wir das Jahr 1959. Wahrscheinlich ermuntert Heinz Mägerlein, ein Fernsehentertainer, unsere Kolleginnen und Kollegen durch das simple Fragespiel „Hätten Sie´s gewusst?“ zur Weiterbildung. Denn prompt treffen sich unsere Kolleginnen und Kollegen im August 1959 in Wassertrüdingen bei Schwarzkopf.
Im April des Jahres 1960 fahren die Lehrer und Lehrerinnen nach Obergünzburg ins Haus Diplona, um mit dem zentralen Thema: „Warenkunde als Grundlage für einen erfolgreichen Verkauf“ in eine neue Thematik einzusteigen. Aber nicht genug, schon im August des gleichen Jahres geht’s nach Darmstadt zur WELLA. Themen sind: Geschmacksbildung, Werbung und Schaufenstergestaltung. Wer denkt heute noch an solche Lerninhalte?
Die 5. Tagung führt nach Paris. Wir sind Anfang Juli 1961 in den Sommerferien zu Gast im Hause L´Oreal. Wir diskutieren fachliche und berufskundliche Fragen mit den Fachlehrern im französischen Friseurhandwerk.
Wir könnten an dieser Stelle fortfahren mit der Aufzählung der einzelnen Jahrestagungen. Es standen immer aktuelle Themen auf der Agenda:
Besonders anzumerken wäre, dass bereits im Jahre 1964 anlässlich einer Tagung in Karlsruhe (Fa. L´Oreal) zum Thema „ Ästhetische Erziehung in Friseurklassen“ referiert wurde.
Eva Hauptmann, ehemalige stellv. Vorsitzende dieser Arbeitsgemeinschaft kann sich sicher noch genau erinnern.
Ein weiteres Highlight war eine Busreise der Arbeitsgemeinschaft im Friseurhandwerk Bayern vom 15. - 19. Mai 1967 zur Fa. L´Oreal nach Paris.
Empfang im repräsentativen Verwaltungsgebäude.
Beeindruckend: Die Bundesflagge wehte zu unserer Begrüßung hoch über dem Gebäude..
Schon am 2. Tag lernten wir die Folgen des Generalstreiks in Paris kennen; Programmänderungen waren vonnöten und die Tagung war insofern sehr erinnerungsträchtig als ausgerechnet beim Galadiner das elektr. Licht für einige Stunden ausfiel…Wir speisen bei schummrigen Kerzenlicht.
Das 2. Jahrzehnt des Verbandes beginnt mit meist auswärtigen Fortbildungsveranstaltungen:
1969 Kadus, Lenzkirch im Schwarzwald, 1970 LÓreal Karlsruhe, 1971 Wella Wien, 1972 Alcina Augustdorf usw. bis Schwarzkopf 1975/76 die Friseur-Universität erfand und der Friseurwelt zwischen Genua und Hamburg auf hoher See die „Methodische Dienstleistung“ näher brachte. Im Maritim „Timmendorfer Strand“ fand dann 1977 der Höhepunkt mit dem Showmaster der Friseurbranche „Erwin Michaelis, Köln“ statt. Die Lehrer Deutschlands und vor allem Bayerns profitierten von den Veranstaltungen in Braunlage und Reit im Winkl. Die 60er und 70er Jahre sind ohne die Erwähnung bedeutender Fachlehrerkollegen aus unseren Reihen nicht denkbar:
Toni Eid, Gründungsmitglied, Stimmungskanone und Sänger, („La Paloma“),
Franz Plötz, Deggendorf Geigen-Virtuose, Akkordeonspieler und Forellenzüchter
und dann das Duo Hans Erndl und Josef Traxinger („Als einfacher Mann…“) + mit Haferlschuh…
Nein, es waren keine nur heitere und gesellige Veranstaltungen. Natürlich wurde ernsthaft über fachkundliche Zusammenhänge gestritten. Es war die Zeit des Umbruchs:
Die Kosmetik, insbesondere durch Herrn Dr. Wolff (Fa. Alcina) forciert, sollte einen bedeutenderen Stellenwert im Alltagsgeschehen des Friseurs einnehmen. Ab Bielefeld (1980) und Buch am Ammersee (1984+1985) arbeiteten die Berufsschullehrer im Zeitalter des Friseurkosmetikers.
Das erste Vierteljahrhundert des LiBK Bayern klingt 1983 – wie erwähnt - mit Blasmusik auf dem Dillberg aus.
In Treue fest… )
Nahtlos geht’s in eine neue Epoche: An der Spitze des Landesverbandes gibt es 1986 einen Wechsel. Nach 15jähriger Vorstandstätigkeit trete ich zurück und Wolfgang Streidl übernimmt in Kloster Biburg für 3 Jahre dies Ehrenamt. Neue Inhalte bestimmen das Verbandsgeschehen:
Schulinterne Veranstaltungen in Nürnberg oder Hamburg, Computer-Fortbildungen und Kosmetik-Fortbildungen stehen an 1. Stelle.
Als im Jahre 1989 Dina Tegtmeyer den Vorsitz für 6 Jahre übernimmt, werden gleich 3 Tagungen im ersten Amtsjahr durchgeführt. Welch ein Elan!!! -- mit Inge Fehrmann als Kassiererin
Und das geht so weiter: 4 Tagungen in 1992, 3 Tagungen 1993 und 1994 und im Jahre 1995 sind es gar 6 Veranstaltungen auf Initiative von Dina und Werner Dannhard, der als Stellvertreter schon bald in ihre Fußtapfen treten wird. Seit 1995 regiert nun unser Werner Dannhard. Er ist und bleibt ein Synonym für Kontinuität und Fortschritt, ein Haudegen, aber auch ein konzilianter Verhandlungspartner. Und seit vorigem Sonntag auch noch Berlin-Marathonläufer…
Für den Fortbestand der alten Ideale und Ziele stehen heute an vorderster Front mit Werner Dannhard, Steffi Daubel, Romana Utschig, Andrea Hofmann, Irene Tutsch, Ulrike Königer-Höfling, nicht zu vergessen den Webmaster Alois Vogt und die Teamleiterin Methodik, unser Altmitglied Sigrid Wilmer. Bitte um Beachtung aus aktuellem Anlass: Ein Schwabe, eine Mittelfränkin, ein Niederbayer - alle arbeiten hervorragend zusammen!!!
Sie alle opfern ihre Freizeit und arbeiten gerne nach dem Motto: „Wer nichts für andere tut, tut nichts für sich“. Wir wollen diesen Kolleginnen und Kollegen Respekt und Anerkennung spenden, denn sie haben auch mit dieser Veranstaltung Ihnen und den vielen Mitgliedern, die nicht kommen konnten im höchsten Maße Aufmerksamkeit verschafft.
Warum eigentlich Aufmerksamkeit? Die vielen Aktivitäten unserer Kolleginnen und Kollegen spielen sich meist unsichtbar ab, sie stellen Ihr Engagement nicht zur Schau, sie arbeiten meist im Verborgenem.
Lehrer stehen heute sehr stark in der Kritik, viele beurteilen die Ferien- oder Freizeitaktivitäten.
Nein, wir stehen nicht an der Klagemauer. Schließlich feiern wir heute einen Freudentag, einen Tag der gekennzeichnet ist von Erfolg, Engagement, Mut, Rückschlägen, aber in erster Linie vom Durchhaltevermögen der Lehrerinnen und Lehrer, die sich in diesem Landesverband Bayern zusammen gefunden haben.
Vor gut 100 Jahren hat der Münchener Berufspädagoge Kerschensteiner Reformbedarf an der „Allgemeinen Fortbildungsschule“ mit den Worten angemeldet:
„Die Fortbildungsschule ist den Schülern gleichgültig, den Meistern lästig und den Lehrern ein Gegenstand vergeblicher Liebesmüh! „
Ist die heutige Situation vergleichbar? Das organisatorische und pädagogische Konzept der Berufsschule wird nicht generell in Frage gestellt. In der Kritik ist allerdings nach wie vor die Trennung von Denken und Handeln, von Fachtheorie und Fachpraxis sowie das unstrukturierte Nebeneinander von schulischer und betrieblicher Ausbildung.
Es würde zu weit führen, die jahrzehntelangen Bemühungen um eine schulische berufliche Grund- und Fachbildung zu erläutern. Wir wissen, dass es nicht mal in Ansätzen möglich war, das BGJ als erstes Schul- und Lehrjahr einzuführen.
Heute ist die duale Ausbildung fest etabliert. Basta!
Die aktuelle Ausbildungssituation im Friseurhandwerk ist allem Anschein nach im Wesentlichen gekennzeichnet durch:
- 1.einen Rückgang der Ausbildungsverhältnisse (allerorten nicht belegt)
- 2.einen großen Anteil von lernschwachen Auszubildenden
- 3.eine hohe Zahl von Ausbildungsabbrechern
Allerdings gibt es neben den lernschwachen Schülerinnen und Schülern Auszubildende die keine oder wenige Probleme haben, die Ausbildung erfolgreich abzuschließen.
Demzufolge haben sich die Berufsschullehrer mit folgender Ausgangssituation zu befassen:
- a) Die Eingangsqualifikationen der Jugendlichen (unterschiedliche Lernvermögen, Leistungsmotivation) sind sehr heterogen.
- b) Die Bereitschaft der Betriebe, systematisch auszubilden bzw. den Berufsschulunterricht zu unterstützen ist sehr unterschiedlich.
- c) Die Betriebsstrukturen in denen Jugendliche ausgebildet werden, sind äußerst komplex (Ein-Personensalon, Trendsalon, solider Handwerksbetrieb usw.).
- d) Allen Schülern, ob schwach oder lernstark, muss ohne Rücksicht auf ihr Lernvermögen ein vorgegebener Wissensumfang (s. Prüfungsstoff) vermittelt werden.
Mit Wettbewerben Stichwort „Bayern Hair“, mit modernen Methoden und Lernstrategien wird versucht, dieser Situation Rechnung zu tragen, d.h. alle Anforderungen zu berücksichtigen und entsprechende pädagogische Maßnamen zu ergreifen. Dabei werden die Lehrer durch die Bundesagentur für Arbeit unterstützt. Erkenne die sozialen Spielregeln und halte dich daran, heißt es in einer Veröffentlichung dieser Behörde:
Höflich sein - zuverlässig sein - hilfsbereit sein - belastbar sein - teamfähig sein - Konflikte bewältigen - Kritik annehmen können - lernen wollen -achtsam miteinander reden - andere Nationalitäten respektieren!
Für viele von uns sind das Selbstverständlichkeiten, aber man kann in einer Zeit der mentalen Verkommenheiten, vor allem bei Führungsfiguren bestimmter Branchen, nicht eindringlich genug und früh genug auf diese wichtigen Tugenden hinweisen. 1998, anlässlich unseres 40j. Jubiläums, hier in Nürnberg, wies ich auf die neue Ausbildungsordnung hin: „Das deutsche Friseurhandwerk beginnt eine neue Qualitätsoffensive!“
Was war neu?
1. Die Ausweitung der Ausbildungsinhalte in der Sparte Kosmetik
2. Die Haarfärbung erscheint erstmals in der Gesellenprüfung
3. Der Kundenberatung wird eine dominierende Rolle zugewiesen.
Und nun 2008 wieder eine neue Ausbildungsordnung und ein neuer Lehrplan:
Was ist neu?
- 1.Die gestreckte Gesellenprüfung
- 2.Die Unterbetonung der Ausbildungsinhalte in der Sparte Kosmetik
- 3.Die modulare Ausbildung mit Wahlmöglichkeiten
- 4.Die Ausweitung kommunikativer Lerninhalte
Na, denn macht euch mal auf in eine neue Qualitätsoffensive!
Ich habe vor kurzem in einem Grußwort sinngemäß folgendes geschrieben:
u.a „Vor einigen Zeiten kannte man durchaus schon Handlungsfelder, Lernfelder oder schwierige und komplexe Lernsituationen. Nun beschäftigen sich Studienräte, Fachlehrer und Meister mit der Auslegung und Bedeutung dieser Begriffe und Zusammenhänge. Und das ist gut so.
Diese Zusammenarbeit sollte ausdrücklich gewürdigt werden. Denn worauf es ankommt können die Beteiligten täglich in den Klassen beobachten: Schaffen Sie eine hoffnungsvolle Schulatmosphäre, pflegen Sie einen angemessenen Arbeitsstil, schaffen Sie die Voraussetzungen, damit alle Schülerinnen so freudig und begeisternd berichten können – wie Carla…
Sie sagt: „Wir sind ein Team von interessierten und kreativen jungen Menschen mitten unter Lehrkräften, die man so eigentlich gar nicht bezeichnen kann. In unserer Schule pflegen wir einen kooperativen Arbeitsstil. Wir können uns für neue Ideen begeistern, wir lernen gern, wir berauschen uns an tollen Frisurentwürfen und wir geraten in Ekstase, wenn wir unsere Modelle bei Modenschauen vorführen dürfen“, --- so Carla aus der Oberstufe der Friseure.
Es soll allem Anschein nach auch Schattenseiten geben, denn manche Schülerinnen wollen nicht so wie sie sollen. Tugenden anerziehen ist evtl. leichter als schlechte Gewohnheiten abzustellen. Vielleicht gelingt es Ihnen dennoch. Unsere Vorfahren haben immer wieder über die schlechten Manieren der Schüler berichtet:
- 1.Sokrates 400 v.Chr., Die Jugend von heute liebt den Luxus, hat schlechte Manieren und verachtet die Autorität. Sie widersprechen ihren Eltern, legen die Beine übereinander und tyrannisieren ihre Lehrer.
- 2.oder 1270 n.Chr. ein Mönch:
Die jungen Leute von heute denken an nichts anderes als an sich selbst.
Sie haben keine Ehrfurcht vor ihren Eltern oder dem Alter. Sie sind ungeduldig und unbeherrscht. Sie reden so, als wüssten sie alles, und was wir für weise halten, empfinden sie als Torheit…
An solchen Klageliedern können wir uns nicht aufrichten. ….
Meine Visionen von 1998 (40j. Jubiläum) sind nicht eingetroffen: Eine europäisch vereinheitlichte Friseurausbildung gibt es nicht, das Clubhaus selbständiger Friseure ist zumindest in Nürnberg nicht eingerichtet und der freiwillige Abendunterricht wurde auch (noch) nicht realisiert.
Also verzichte ich auf weitere Prognosen.
Mein Geburtstagswunsch lautet:
Arbeitet weiter so erfolgreich wie bisher, dann wird auch die Anerkennung seitens des dualen Partners nicht ausbleiben. Allen, die am Erfolg und Fortbestehen des Landesverbandes der Lehrer im BF Körperpflege ihren Anteil haben, ob im Kultusministerium oder in den Handwerksorganisationen, sage ich:
Schenken Sie diesem engagiertem Vorstandsgremium und allen organisierten Lehrkräften im Landesverband (LiBK) Ihr Vertrauen. Sie haben es hochverdient.
Ihnen allen, die Sie in Friseurklassen an BS unterrichten wünsche ich weiterhin viel Erfolg bei der Erziehung schwieriger Zeitgenossen + -genössinnen.
Deshalb nun ein treffendes Gedicht von Wilhelm Busch:
Der Querkopf von Wilhelm Busch (Überarbeitet durch A. und F. Kuhfuss, Burgthann)
Ein eigner Balg war Rosi Bolte,
Sie tat nicht gerne, was sie sollte.
Als Kind ist sie schon so gewesen.
Rechnen, Rechtschreiben und Lesen
Fielen für sie nicht ins Gewicht:
Sie sollte zur Schule und wollte nicht.
Später kam sie zu Meister Klier.
Der zeigte ihr redlich und sagte ihr,
Jedoch umsonst, was seine Pflicht:
Sie sollte Frisieren und wollte nicht.
Sie wollte sich nun mal nicht quälen,
Deshalb verfiel sie auf das Stehlen.
Man fasste sie, stellte sie vors Gericht:
Sie sollte bekennen und wollte nicht.
Der Richter sah sie strafend an:
“Du weist, dass es so nicht weitergehen kann.
Du wirst jetzt in die Berufsschule gehen,
Wirst sehn – da ist es wirklich schön!“
Dort hat man´s mit Lernfeldern tatsächlich geschafft
und sie auf den rechten Weg gebracht.
Und nach einigen Jahren dann
Hängt an die Lehre sie – ein Studium dran.
Und die Moral von der Geschicht´?
Habt Vertrauen und Zuversicht zu allen Rosis der Familie Bolte.
F. Kuhfuss, OStDir a.D.
Ehrenvorsitzender LiBK Bayern